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Zum Gedenken an all die Opfer
Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
für alle, die anlässlich des Volkstrauertages heute nicht bei der Kranzniederlegung in Alsbach und Hähnlein dabei waren, möchte ich ein paar Gedanken teilen:
Wenn in der Gesellschaft die Rede vom Volkstrauertag ist, dann heißt es oft: Es ist ein staatlicher Gedenktag, der zu den sogenannten „stillen Tagen“ gezählt wird.
Natürlich ist uns allen völlig klar, was damit gemeint ist. Stille im Zeichen des Gedenkens an all die Verstorbenen und zivilen oder militärischen Kriegsopfer, die die Konflikte dieser Welt über die Jahrzehnte gefordert haben.
Dabei ist das, was dafür verantwortlich ist, dass wir der Opfer von Krieg und Gewalt heute gedenken, alles andere als still. Wenn die Waffen sprechen, dann machen sie das meist nicht leise im Verborgenen. Es ist laut, es ist beängstigend und man möchte gerne hinausrufen: Es ist doch am Ende vor allem barbarisch.
Dass der Mensch im Laufe der Evolution oft immer noch als einzige Alternative in Erwägung zieht, die „Steinzeit-Keule“ auszupacken, um damit seinen Gegner zu schlagen, ist schwer nachzuvollziehen – insbesondere, da moderne „Keulen“ zunehmend das Potenzial haben, ganze Regionen dieser Erde zu verwüsten.
Wenn ich mit anderen Menschen über den Volkstrauertag ins Gespräch komme, dann höre ich oft: Ist das nicht jedes Jahr das Gleiche? Brauchen wir das denn noch?
Schauen Sie in die Ukraine. Während wir heute hier stehen und gemeinsam mit einer Kranzniederlegung an die Gefallenen erinnern, wird aufgrund der unsäglichen Aggression des russischen Machtapparats und dem von ihm initiierten völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gerade in diesem Moment neues Leid geschaffen.
Das Thema des Volkstrauertages ist deshalb leider äußerst präsent.
Wenn Sie heute an ein Opfer im Krieg denken, ist es dann der gefallene Soldat im Zweiten Weltkrieg? Oder sehen Sie den jungen ukrainischen Vater vor sich, dem ein Griff zur Waffe aufgezwungen wurde und der sich am Ende für die Verteidigung seines Landes geopfert hat?
Vielleicht ändert das den ein oder anderen Blick auf die Bedeutung dieses Gedenktags.
Dabei beginnt Gewalt nicht selten im Kleinen – oft psychisch statt physisch, deswegen allerdings nicht zwingend harmloser.
Wenn Hass und Hetze sich gegen Minderheiten richten, wenn Verleumdung in sozialen Netzwerken Schäden in der Seele der Betroffenen hinterlässt: Dann ist es unsere gemeinsame Aufgabe, solchen Entwicklungen etwas entgegen zu setzen.
Insofern hoffe ich, dass Sie diesen Tag nicht als etwas erleben, das ausschließlich in die Vergangenheit gerichtet ist. Dieser Gedenktag ist Aufforderung zum reflektierten, verantwortungsvollen und sozialen Umgang mit unserem Nächsten – ob sie das aus einer Überzeugung in ihrem religiösen Glauben tun oder einfach als Mensch, der die Unversehrtheit seiner Mitmenschen respektiert und achtet.
Stille Grüße,
Sebastian Bubenzer
Bürgermeister